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Stellungnahme des SEV zum Zugluft-Artikel

Stellungnahme des SEV zum Zugluft-Artikel «Komplexe Einteilung und Disposition»

 

Mit grossem Interesse haben wir in der neusten Zugluft vom Juni 2019 den Artikel «Komplexe Einteilung und Disposition» von Viktor Schweiss gelesen (Seiten 6–8). Wir begrüssen es sehr, dass das Thema auf den Tisch kommt und offen diskutiert wird. Wir gehen mit Viktor Schweiss einig, dass der Umgangston zwischen den LokführerInnen und der Disposition bzw. Einteilung rauer geworden ist und dass es für die Disposition und die Einteilung zunehmend schwieriger wird, LokführerInnen zu finden, die bereit sind, kurzfristig einzuspringen und offene Dienste zu übernehmen. Die Analyse der Ursachen, weshalb es so weit gekommen ist, halten wir aber für unvollständig.


Unbestritten haben die folgenden im Zugluft-Artikel genannten Punkte dazu beigetragen: Starke Zunahme der baubedingten Sperrungen und damit viele geänderte Dienste, stetig zunehmender Verkehr spät am Abend und in der Nacht, betriebliche Einschränkungen durch die Infrastruktur und das Einteilungssystem SOPRE. Die externen Rahmenbedingungen, die Thurbo nur bedingt oder gar nicht beeinflussen kann, haben sich zweifellos verschlechtert. Die Verantwortlichen der Thurbo könnten aber bei einigen der genannten Punkte durchaus anders auf die verschärften Rahmenbedingungen reagieren und tragen entsprechend eine Mitverantwortung an der sinkenden Bereitschaft des Lokpersonals, zusätzlich arbeiten zu kommen. Nur einige Punkte seien hier aufgeführt:


Baubedingte Streckensperrungen: Dass die Rotation faktisch während sieben Wochen pro Jahr (das heisst fast einen Siebtel des ganzen Jahres!) ausser Kraft gesetzt wird und die EinteilerInnen ohne Rücksprache mit den betroffenen LokführerInnen Dienste durch eine «zeitlich passende Tour» (Formulierung im Weissbuch) ersetzen können, sorgt immer wieder für grossen Ärger. Wenn die derzeit vorhandenen Stellenprozente in der Einteilung nicht ausreichen, um alle LokführerInnen anzufragen, ob sie mit einem Diensttausch einverstanden sind, dann müssen die Stellenprozente erhöht werden. Das wäre ein echter Beitrag, um die Personalzufriedenheit wieder zu erhöhen. Fakt ist, dass die jetzige Lösung für das Lokpersonal extrem unbefriedigend ist und dazu beiträgt, dass die Motivation vieler LokführerInnen sinkt.


• Dienständerungen (wegen baubedingten Streckensperrungen, Veranstaltungen usw.): Immer wieder kommt es vor, dass Dienste verlängert werden und deshalb Arbeitsunterbrechungen durch unbezahlte Pausen ersetzt werden. Wenn dann die Dienstschicht gegenüber dem Originaldienst über 40 Minuten länger dauert, der Dienst aber 25 Minuten weniger bezahlte Zeit ergibt, führt dies zu grossen Verstimmungen bei den betroffenen LokführerInnen und senkt die Bereitschaft, zusätzlich arbeiten zu kommen. Die Problematik bei geänderten Diensten könnte auch anders gelöst werden, indem die Pausen oder zumindest ein Teil der Pausen bezahlten werden, damit die LokführerInnen durch die Änderung der Dienste keine Einbussen erleiden. Werden dauernd Dienste in der oben geschilderten Art geändert, wird
letztlich auch die Jahresarbeitszeit nicht mehr erreicht.

• Wenn wir richtig gezählt haben, fährt Thurbo im Raum Winterthur abends zwischen 22 Uhr und Betriebsschluss 13 Züge (!) für die SBB (S33 W–Sh, S12 W–Wil, S24 W–Wf). Dass um diese Zeit unsere kurzen Züge fahren, macht ökologisch und ökonomisch Sinn. Dass diese Züge aber von Thurbo-LokführerInnen geführt werden, macht keinen Sinn und verschärft die von Viktor Schweiss geschilderte Problematik, dass die Anzahl der Spätdienste im Vergleich zu den Früh- und Mitteldiensten immer höher wird. Schon früher sind SBB-LokführerInnen mit unseren AKs gefahren, wir sehen keinen Grund, weshalb das nicht auch in Zukunft wieder möglich sein soll. Dies gilt genauso für die Wochenenden, an denen wir auch Leistungen für die SBB fahren, was zur allseits bekannten Sonntagsproblematik führt.


SOPRE: Technische Hilfsmittel sollten dazu da sein, die Arbeit der Menschen zu erleichtern. SOPRE hat im Vergleich zu Piper das Gegenteil bewirkt. Viktor Schweiss widmet einen längeren Abschnitt der Problematik, die mit SOPRE verbunden ist. Er hält fest, dass die DisponentInnen, die nur mit «SOPRE Lenkung» arbeiten, keine Tauschgeschäfte mehr machen können («wenn du heute zusätzlich arbeiten kommst, kannst du dafür nächste Woche einen Tag frei machen...»). Früher mit Piper konnten das alle DisponentInnen machen, heute anscheinend nicht mehr. Wenn der Geschäftsleitung der Thurbo ernsthaft daran gelegen ist, dass die Bereitschaft der LokführerInnen, kurzfristig arbeiten zu kommen, wieder steigt, dann muss sie in diesem Bereich etwas unternehmen. Spontan sehen wir zwei mögliche Massnahmen: 1. SOPRE wird durch eine Software ersetzt, die die Zusammenarbeit zwischen den DisponentInnen und den LokführerInnen fördert und nicht behindert. 2. Die DisponentInnen erhalten Zugriff auf das SOPRE Einteilungsprogramm, damit sie wieder wie früher Tauschgeschäfte machen können. Wir haben die Ausreden, mit SOPRE sei halt dieses und jenes nicht mehr möglich, gründlich satt und fordern die Verantwortlichen der Thurbo auf, Massnahmen zu ergreifen, damit auch im Zeitalter von SOPRE Tauschgeschäfte und damit eine anständige Zusammenarbeit zwischen den LokführerInnen und den DisponentInnen wieder möglich werden. Wir lassen nicht zu, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Lokpersonal und der Disposition und die Motivation aller Beteiligten durch ein ungeeignetes Computerprogramm kaputtgemacht werden!
Die Ursachen dafür, weshalb die Zusammenarbeit zwischen der Disposition bzw. der Einteilung und dem Lokpersonal zunehmend schwieriger wird und immer weniger LokführerInnen bereit sind, zusätzlich arbeiten zu kommen, liegen also nicht allein bei den sich verschärfenden Rahmenbedingungen, sondern auch beim Umgang der Thurbo mit diesen sich verändernden Bedingungen. Es gäbe unseres Erachtens viele Möglichkeiten, Gegensteuer zu geben. Nur sind sie vielleicht nicht gratis zu haben. Die Alternative wäre, so weiterzumachen wie bisher und darauf zu warten, bis auch bei der Thurbo die ersten Züge stillstehen, weil keine LokführerInnen mehr gefunden werden, die zusätzlich einspringen, wie dies kürzlich bei den SBB der Fall war.


Die Hauptursache aber, weshalb es zunehmend schwieriger wird, kurzfristig Lokführende für offene Dienste zu finden, wird im Zugluft-Artikel nur am Rande erwähnt. Die Hauptursache liegt unseres Erachtens ganz eindeutig bei den in diesem Fahrplanjahr sehr unattraktiven Diensten, sprich bei den vielen langen unbezahlten Pausen und den vielen eintönigen Diensten ohne Abwechslung (fehlende Streckenvielfalt). Die Zusammenarbeit zwischen der Disposition bzw. der Einteilung und dem Lokpersonal leidet daran, dass sich die Verantwortlichen der Thurbo seit Jahren weigern, die berechtigten Anliegen der LokführerInnen nach Streckenvielfalt und kürzeren Pausen ernst zu nehmen. Die sehr unattraktiven Dienste führen dazu, dass immer weniger LokführerInnen bereit sind, zusätzlich arbeiten zu kommen. Um dieses Problem zu lösen, nützt es nichts, einen respektvolleren Umgang anzumahnen und an das gegenseitige Verständnis zu appellieren. Um dieses Problem zu lösen, müssen die Dienste attraktiver gemacht werden!


Wir begrüssen es sehr, dass es den DisponentInnen und EinteilerInnen nicht mehr erlaubt ist, Pausen zu verkürzen oder durchzuschreiben! Wie Viktor Schweiss richtig schreibt, ist das Auffüllen von Pausen ungerecht. Diejenigen, die aufbegehren, erhalten für denselben Dienst mehr Zeit gutgeschrieben als diejenigen, die den Dienst ohne «Nachverhandlungen» leisten. Wir wissen aber auch, dass diese neue Regelung nicht immer eingehalten wird, sondern es weiterhin DisponentInnen und/oder EinteilerInnen gibt, die manchmal Pausen auffüllen, weil sie ansonsten keine Leute finden, die kurzfristig offene Dienste übernehmen. Würden sie die Pausen nicht auffüllen, würden Züge ausfallen.


Wir haben Verständnis für die LokführerInnen, die nicht bereit sind, an ihrem freien Tag unattraktive Dienste mit langen unbezahlten Pausen zu leisten. Wir haben auch Verständnis für die DisponentInnen und EinteilerInnen, die weiterhin Pausen verkürzen oder durchschreiben, weil ansonsten Züge ausfallen würden. Ihnen gebührt unser Respekt, da sie unter immer komplexer werdenden Bedingungen täglich ihr Bestes geben, damit alle Züge fahren. Keinerlei Verständnis haben wir hingegen dafür, dass die Verantwortlichen der Thurbo es zulassen, dass die neu aufgestellten Regeln nicht eingehalten werden. Wir fordern die Verantwortlichen auf, die Regeln konsequent durchzusetzen! Sollte dies dazu führen, dass Züge ausfallen, dann tragen unseres Erachtens nicht die gerade diensthabenden DisponentInnen die Verantwortung dafür, sondern diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass die Bedingungen für das Lokpersonal, zusätzlich arbeiten zu kommen, je länger je unattraktiver werden, das heisst diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass wir so viele unattraktive Dienste haben, dass die Rotation faktisch während sieben Wochen ausser Kraft gesetzt ist, dass die DisponentInnen keine Tauschgeschäfte mehr machen können, dass Dienste immer wieder so abgeändert werden, dass die Dienstschicht länger dauert als beim Originaldienst, der geänderte Dienst aber weniger bezahlte Zeit gibt, dass den LokführerInnen immer wieder ungefragt ein früherer Dienstbeginn oder ein späterer Dienstschluss eingeteilt wird statt sie zu fragen, ob sie überhaupt früher kommen bzw. länger bleiben können.


Wir halten fest: Die Zusammenarbeit zwischen den LokführerInnen und den DisponentInnen bzw. EinteilerInnen ist nicht in erster Linie deshalb schwieriger geworden, weil die externen Rahmenbedingungen komplexer geworden sind, sondern weil die Verantwortlichen von Thurbo auf die schwieriger werdenden Rahmenbedingungen bisher nicht angemessen reagiert haben und keine oder zu wenige Massnahmen ergriffen haben, um die Arbeitsbedingungen der LokführerInnen wieder attraktiver zu machen, damit die Mehrheit des Lokpersonals wieder wie früher bereit ist, an einzelnen Ruhetagen zusätzlich arbeiten zu kommen. Einfach nur einen respektvolleren Umgang anzumahnen und an das gegenseitige Verständnis zu appellieren, hilft hier nicht mehr weiter. Das Aussitzen und Abwarten verschlimmert die Probleme nur.

Wir erwarten Massnahmen – und helfen gerne bei ihrer Ausarbeitung mit!


30.7.2019 / Vorstand VPT Thurbo

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